Rettung durch Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Gerettet: eine Liegenschaft der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Hotel Bellevue in Rolandseck
Einst war es eines der bekanntesten Hotels im Mittelrheintal: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) übernimmt das Hotel Bellevue in Rolandseck in ihr Eigentum, um das Denkmal zu retten.
Der dreigeschossige Bau ist fast gänzlich umschlossen vom kletternden Wein: Der Blick durch die Fenster des ehemaligen Ballsaales hinüber zum Rhein, dem Schiffverkehr und der Fähre Siebengebirge ist eingerahmt vom wuchernden Grün. Selbst der begrenzte Ausschnitt lässt erahnen, welchen Ausblick die Gäste des Hotels Bellevue früher genießen konnten.
Als eine Mitarbeiterin der Liegenschaftsabteilung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bei einem Lauf den versteckten Bau vor ein paar Jahren entdeckte, fragte sie sich welche Vergangenheit hier schlummert, und stellte das Objekt dem Vorstand der DSD vor. „Im Hotel Bellevue ist die Geschichte seit den 1950er Jahren erstarrt. Der Blick in dieses Hotel ist wie eine Zeitmaschine. Und Denkmalpflege ist der Versuch diese Geschichte zu bewahren und Verlust zu vermeiden“, sagt auch Dr. Steffen Skudelny. Er und sein Vorstandskollege Lutz Heitmüller wollten eine Perspektive für den Bau, der nicht mehr genutzt werden konnte und gefährdet war. Sie setzten sich mit den Besitzern in Verbindung und so übernahm die private Stiftung seit dem Kauf 2024 die Verantwortung für den Bau.
Dr. Philip Decker, zuletzt nach über 120jährigem Familienbesitz Eigentümer des Hotels Bellevue, ist froh über die Zukunft für das einstige Hotel. So wird das über viele Jahrzehnte andauernde Bemühen seines Vaters Klaus Decker belohnt. Denn ihm ist es zu verdanken, dass das Anwesen in dieser authentischen Form erhalten wurde.
„Klaus Decker hat das Objekt trotz Leerstand und fehlender Perspektive nie allein gelassen und weiter gepflegt“, sagt die Kunsthistorikerin Lene Savchenko.
Sie studiert in Köln Kunstgeschichte, ist Werkstudentin bei MONUMENTE, dem Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, und schreibt gerade in Kooperation mit der DSD ihre Masterarbeit zum Thema „Hotelarchitektur am Mittelrhein im Kontext der Tourismusentwicklung. Die Bau- und Rezeptionsgeschichte des Hotel Bellevue in Rolandseck“. Mit dem Denkmal beschäftigt sie sich seit Herbst 2024. Sie ist immer wieder vor Ort und im Gespräch mit der Familie Decker, der DSD-Projektarchitektin Diana Bičo sowie einer Bauforscherin, die sich seit dem Kauf des Gebäudes damit auseinandersetzt die Substanz zu analysieren. Zudem hat Lene Savchenko das Gästebuch, die Bauakten, Fachliteratur und historische Postkarten gesichtet und analysiert. Denn Material gibt es, zusammengetragen hat es bisher niemand. Savchenko schätzt das Haus als ein frühes Beispiel für die neu aufkommende Hotelarchitektur ein, abseits der Kurorte und des alpinen Tourismus.
Im 19. bis ins 20. Jahrhundert wurde Rolandseck ein Touristenmagnet. Gerade das 19. Jahrhundert war geprägt von der Rheinromantik. Künstler und Maler wie William Turner und Anton Ditzler oder Schriftsteller wie Clemens Brentano oder Ludwig Tieck liebten den Ort. Gemälde, Volkslieder aber auch Postkarten bezeugen das, ebenso wie heutige Wander- und Radwanderwege. Sie laden noch immer ein beispielsweise auf die Spuren von Alexander von Humboldt zu gehen. Auch er war fasziniert von der Talenge am Fluss. Die direkte Lage am Rhein, mit Blick auf den Rolandsbogen, die Insel Nonnenwerth, Burg Drachenfels und das gesamte Siebengebirge machen diesen Landstrich zum Inbegriff dessen – und das Hotel Bellevue gegenüber dem historischen Bahnhof und dem heutigen Arp Museum war mit seiner großen überdachten Panorama-Terrasse eines der bekanntesten Hotels im Mittelrheintal.
„Billau hatte da ein Händchen und eine Entwicklung aufgegriffen, die bis dato noch nicht ausgeprägt war,“ sagt Savchenko. Am 13. April 1856 gab er die Eröffnung seines neugebauten Gasthofes in Rolandseck „dicht am Landungsplatze der Dampfschiffe und dem Stationsgebäude der Eisenbahn“ bekannt. Er hatte verstanden, wie mit den neuen Möglichkeiten der Fortbewegung, die Menschen zum Rolandseck strömen würden. Auch die Schifffahrt war schon in vollem Gange: die Köln-Düsseldorfer Schifffahrtsgesellschaft befuhr den Rhein und hatte eine Anlegestelle am Hotel.
Nach ihm übernahm erst Carl Hoch und danach Joseph Pütz den Betrieb – Letzterer erweiterte den Bau. Mit der Übernahme der Anlage durch die Familie Decker ab 1900 bis zum zweiten Weltkrieg fanden viele Renovierungen und Modernisierungen statt. Sie erlebten kurz vor der Weltwirtschaftskrise noch die Schwemme an Fahrgästen der Köln Düsseldorfer Schifffahrtgesellschaft mit 2,65 Millionen Fahrgästen in der Saison.
Mit der Krise 1929, dem Zweiten Weltkrieg und auch dem Ausbau der B9 in den 1950er kam der Rheintourismus jedoch ins Straucheln: Der zunehmende Bahn- und Autoverkehr im beengten Tal wurde der touristischen Qualität zum Verhängnis. Gleichzeitig veränderte sich die emotionale Beziehung zum Rhein, der zuvor als landschaftliche Schönheit und Identifikationsobjekt hunderte Jahre verehrt wurde. „Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Rhein vor allem wirtschaftlich bedeutend. Er wurde begradigt für den Gütertransport und in ihm wurden die Abflüsse der Industrie entsorgt. Das Bild vom Vater Rhein aus dem 19. Jahrhundert lässt sich nur noch schwer nachvollziehen“, sagt Savchenko.
Heute haben viele Menschen Berührungspunkte zum Tourismus und das Rolandseck bleibt ein schöner Ausflugsort: Das beginnt beim Ankommen am Bahnhof mit der beeindruckenden Architektur und einem wunderbaren Museum und geht weiter mit dem Weg zum Rolandsbogen oder dem Besuch des Bellevuechen, dem Restaurant direkt in der Gartenanlage des Hotels, in dem schon Künstler wie Marcel Marceau einkehrten.
„Und natürlich kann man das Hotel besuchen und schauen welche vergangene Pracht es hier gab – zum Beispiel am Tag des offenen Denkmals am 14.09.2025“, empfiehlt Steffen Skudelny. So lässt sich auch noch besser verstehen, welcher Wert hier steht und wie behutsam wir mit diesem wahrlichen Zeitzeugnis umgehen sollten.
„Wir wollen ganz, ganz vorsichtig entdecken, was dieser Schatz in sich trägt“, sagt Steffen Skudelny.
Denn in den kommenden Jahren wird in Gemeinschaft mit allen Beteiligten eine nachhaltige, denkmalpflegerische Zielsetzung für den Bau erarbeitet, der mit seinem herausragenden historischen Zeugniswert 2022 als Kulturdenkmal eingestuft wurde.

© Blick vom Rhein auf das Hotel Bellevue
Denkmal am Rhein: Hotel Bellevue
Carl Billau eröffnete 1856 das Hotel Billau – einen schlichten Hotelbau, der mit dem Anbau in seiner Gestalt nach und nach dem Abbild des Bahnhofs Rolandseck angeglichen wurde.
Billau setzte in die Tat um, was Jahre später in der Hotelbautheorie empfohlen wurde: Verkehrsknotenpunkte zu nutzen und schöne Aussichten erfahrbar zu machen. Um 1890 benannte der neue Besitzer Joseph Pütz das erworbene Hotel in „Hotel Bellevue“ um, ab dem 20. Jahrhundert führte die Familie Decker das Haus. Bis in die 1950er Jahre war das Hotel 1. Ranges eines der beliebtesten am Platz.
Trotz der hingebungsvollen Pflege der Familie Decker, die immer nahe beim Hotel blieb und notdürftige Arbeiten und Pflegemaßnahmen durchführte, war es zuletzt akut gefährdet. Mit der Übernahme des Gebäudes durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gibt es wieder Hoffnung für das Hotel, die ganz im Sinne des Denkmals und der vorherigen Besitzer ist.